Der Teufel hat mich erwischt" 11FREUNDE

Dieses Interview erschien erstmals im Sommer 2017in 11FREUNDE #187. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhltlich. Heute wird Hans Walitza 78 Jahre alt. Hans Walitza, Sie waren einer der besten deutschen Torjger der sechziger und siebziger Jahre und haben trotzdem nur dreieinhalb Spielzeiten in der Bundesliga gespielt. Was ist da schief gelaufen? So

Dieses Inter­view erschien erst­mals im Sommer 2017 in 11FREUNDE #187. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhält­lich. Heute wird Hans Walitza 78 Jahre alt.

Hans Walitza, Sie waren einer der besten deut­schen Tor­jäger der sech­ziger und sieb­ziger Jahre und haben trotzdem nur drei­ein­halb Spiel­zeiten in der Bun­des­liga gespielt. Was ist da schief gelaufen?
So habe ich das nie gesehen, vor allem von meiner Zeit beim VfL Bochum habe ich keinen Tag bereut.

Aber Sie waren bei Schwarz-Weiß Essen einer der besten Tor­jäger der Regio­nal­liga West, warum sind Sie damals nicht in die Bun­des­liga gewech­selt?
Hätte ich machen können. Stutt­gart und Glad­bach wollten mich, und beim 1.FC Köln hatte ich 1969 sogar schon einen Ver­trag unter­schrieben und ein paar Mark in bar bekommen. Aber irgendwie hat es mich nach Bochum gezogen, das war auch nicht so weit von meiner Hei­mat­stadt Mül­heim weg. Also habe ich noch mal mit den Köl­nern geredet und dabei wohl so her­um­ge­jam­mert, dass deren Prä­si­dent Maaß irgend­wann sagte: Ich finde Sie so nett, und bevor Sie bei uns unglück­lich werden: Gehen Sie nach Bochum!“ Dann hat er den Ver­trag zer­rissen, und ich habe ihm den Umschlag mit dem Geld zurück­ge­geben.

Der VfL Bochum war damals zweit­klassig, haben Sie sich
die Bun­des­liga nicht zuge­traut?

Doch, Bochum war hoher Favorit auf den Auf­stieg. Wir sind auch gleich Meister geworden, aber damals gab es noch die Bun­des­li­ga­auf­stiegs­runde, und da hat sich dann Kickers Offen­bach durch­ge­setzt. Im Jahr drauf sind wir sou­verän auf­ge­stiegen.

Stimmt es, dass Sie nebenbei noch gear­beitet haben?
Ja, ich hätte zwar vom Fuß­ball leben können, aber ich habe eine Ver­si­che­rungs­agentur bekommen. Und das war eine richtig gute Sache. Ich hatte ein schönes Büro in der Stadt, die Leute kamen zu mir, das gefiel mir. Das war jeden­falls besser als in Essen, wo ich nebenbei als Ver­treter für Deinhardt-Sekt Läden und Gast­wirt­schaften abklap­pern musste, weil das Geld vom Verein nicht reichte.

Zweiter in der Tor­schüt­zen­liste.
Ja, gleichauf mit Klaus Fischer von Schalke. Wir hatten 22 Tore geschossen, aber Gerd Müller 40, unfassbar! Ein Traum, wie er die Tore gemacht hat, dabei hätte ich mir einen Mus­kel­fa­ser­riss geholt. Trotzdem wollten mich die Bayern nach der Saison holen.

Wie ernst­haft war das Inter­esse?
Der dama­lige Bayern-Manager Robert Schwan bestellte mich in ein Hotel, kam rein und trat auf wie ein General: Walitza, wir haben Inter­esse! Becken­bauer will Sie und Gerd Müller auch!“ Ich fragte: Herr Schwan, sind Sie sicher, Gerd Müller auch?“ Er ant­wor­tete: Lassen Sie das mal unsere Sorge sein! Was wollen Sie ver­dienen? Das Dop­pelte wie in Bochum oder mehr?“ Da habe ich den Mund nicht mehr zube­kommen.

Können Sie sich noch erin­nern, was sie damals in Bochum ver­dient haben?
Wenn man das dazu nimmt, was es unter der Hand gab, waren es rund 150000 Mark im Jahr. Ich war ein guter Ver­diener!

Heute dürfte das unge­fähr 1,5 Mil­lionen Euro ent­spre­chen.
Ja, aber kurz darauf kam ein Anruf aus Zürich, die Gras­shop­pers haben mir ein Angebot gemacht, bei dem ich gedacht habe, dass ich im Zirkus bin. Dagegen konnte man Bochum und Bayern ver­gessen. Also sind meine Frau und ich nach Zürich geflogen, um ein Spiel anzu­schauen. Es war sogar ein Spit­zen­spiel, aber im Sta­dion waren bes­ten­falls 4000 Zuschauer, das wollte ich mir mit 24 Jahren nicht antun.

Erst wollten Spit­zen­klubs Sie ver­pflichten, warum wech­selten sie 1974 aus­ge­rechnet nach Nürn­berg in die Regio­nal­liga Süd?
Zunächst hatte Bochum mich nicht gehen lassen, und zwei Jahre später wollte ich eigent­lich nicht weg. Wir hatten uns eine Woh­nung gekauft und war­teten auf die Geburt unseres ersten Kindes. Dann kam ein Anruf von Ver­eins­prä­si­dent Ottokar Wüst, er bat mich vor­bei­zu­kommen und sagte mir: Hans, wir sind in einer mehr als schlechten Situa­tion, wir müssen Sie ver­kaufen.“ Bochum hatte nie Geld und brauchte zu dem Zeit­punkt drin­gend eine hohe Trans­fer­ein­nahme. Hertha BSC konnte nur eine halbe Mil­lion Mark bezahlen, blieben also zum dama­ligen Zeit­punkt noch Nürn­berg und For­tuna Köln. Deren Prä­si­dent und Mäzen Jean Löring ver­sprach mir: Kriegst n Vier­fa­mi­li­en­haus und ne Bou­tique für deine Frau.“ Aber dann kamen wir nach Nürn­berg, und das hat mir sofort impo­niert: der Valz­ner­weiher, mit acht Rasen­plätzen! In Bochum hatten wir nur einen. Also habe ich denen zuge­sagt. Meine Ablöse hat damals übri­gens Grundig bezahlt, unge­fähr 666000 Mark, damit war ich zu dem Zeit­punkt der zweit­teu­erste Spieler, der in Deutsch­land je trans­fe­riert wurde.

Wie Otto Reh­hagel sich damals an der Sei­ten­linie auf­ge­führt hat, wider­lich“

Aber der 1.FC Nürn­berg war damals zweit­klassig.
Ich Ober­depp habe in der sicheren Annahme unter­schrieben, dass der Club auf­steigt und mir in den Ver­trag keinen Passus auf­nehmen lassen, nur bei Auf­stieg zu kommen. Dann haben sie am letzten Spieltag der Auf­stiegs­runde bei Wacker 04 in Berlin mit 0:5 ver­loren. Die hatten sie zu Hause 9:1 geschlagen. Also ist Ein­tracht Braun­schweig wegen eines Tors Vor­sprung auf­ge­stiegen. Das muss man sich mal vor­stellen!

Wie lief es dann in Nürn­berg?
Ich habe mich anfangs am Knö­chel ver­letzt und mona­te­lang mit Schmerz­mit­teln gespielt. Des­halb waren meine Leis­tungen nicht gut und die Fans ent­täuscht von mir. Erst in der zweiten Sai­son­hälfte wurde es besser. Im zweiten Jahr war ich dann Spiel­führer und habe 21 Tore geschossen. Die Jahre darauf auch, aber jedes Mal nach dem 21.Tor wurde ich ver­letzt und konnte nicht mehr spielen.

Ein Fluch?
Ich hatte schon Angst davor, das 21.Tor zu schießen. Und wovon wir geträumt haben, klappte vier Jahre lang auch nicht: der Auf­stieg! Irgendwas fehlte immer. Erst sind wir in der neu­ein­ge­führten Zweiten Liga Süd nur Vierter geworden, dann waren wir Zweiter und sind in der Rele­ga­tion an Dort­mund geschei­tert. Seitdem hasse ich Otto Reh­hagel: Wie der sich damals an der Sei­ten­linie auf­ge­führt hat, wider­lich. Dann kam mit Horst Buhtz ein neuer Trainer, unter dem Fuß­ball Spaß gemacht hat, aber im zweiten Jahr ist zwi­schen uns was schief gelaufen. Damals hatte ich einen BMW CSi, ein richtig schönes Auto, das ich ver­kaufen wollte. Buhtz hörte davon, wollte ihn haben, und ich habe ihm den Wagen ver­kauft, der nicht billig war. Sechs Wochen später hatte er einen Motor­schaden, und danach stimmte es zwi­schen uns nicht mehr.

Wegen des Autos?
Er hat zwar nie was gesagt, aber es hatte sich was auf jeden Fall was ver­än­dert. Irgend­wann habe ich des­halb mein Kapi­tänsamt auf­ge­geben, und erst da ist mir klar geworden, wie groß mein Stel­len­wert war. Gegen Bayern Hof wurde ich nach einer Stunde ein­ge­wech­selt und habe kurz darauf ein unglaub­li­ches Kopf­balltor gemacht. Da kam die ganze Mann­schaft plus Bank auf mich zu, und drei Wochen später wurde Buhtz ent­lassen. Nach ihm kam Werner Kern, der vorher mal was bei Bayern Mün­chen in der Jugend gemacht hatte.

Dort war er später auch jah­re­lang Nach­wuchs­chef.
Ein ganz feiner Mann, allein schon vom Intel­lekt her. Wir sind dann mit einer jungen Truppe und dem Trainer auf­ge­stiegen, den kein Mensch kannte.

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